Deep Thought

a progressive rock adventure

Rezensionen - The Tunnel

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Daniel Eggenberger

Als Schweizer hat man in der Schule fast obligatorisch die eine oder andere Lektüre des Friedrich Dürrenmatt durchgenommen. Die Kurzgeschichte Der Tunnel, kannte ich allerdings bisher nicht, und das ist erstaunlich, denn als Bahnfan müsste ich doch darüber mal gestolpert sein. Nun ja. Mit dem Thema hat sich auch die Schweizer Formation Deep Thought aus Basel in den vergangenen 10-12 Jahren beschäftigt. So lange ist es nämlich her, als man mit Somewhere In The Dark ein letztes Lebenszeichen von sich gegeben hatte. Das Berufsleben sowie die privaten Verpflichtungen zwingen eben manchmal, das Hobby hinten anstehen zu lassen. Dass die neue CD allerdings jemals fertig werden würde, daran hatte auch ich Zweifel, vorallem schon deshalb, weil sich die Band ziemlich verdeckt hielt. 2014 ist es nun tatsächlich soweit und mit The Tunnel, basierend auf besagter Kurzgeschichte Dürrenmatts, hat man gleich ein Doppelalbum am Start.

Die CD beginnt dann auch gleich mal mit einem Leckerbissen in Form der instrumentalen Overture in bester Subterranea-Manier. Dieser instrumentale Track hat die Band in der Tat sehr gut hingekriegt und zählt für mich zu den Highlights von Deep Thought. Sowieso können die Jungs an ihren Instrumenten am besten brillieren und zeigen auf, dass sie von ihren Vorbildern viel gelernt haben. Vorallem Dominik Pfleghaar an den Keyboards beeindruckt mich mit seiner grossartigen Vielfalt an Sounds, die er immer zur richtigen Zeit zur Stelle hat. Tony Banks dürfte sicher zu seinen Idolen zählen. Auch die Gitarrenarbeit von Marcel Oehler muss man positiv werten, obschon aus meiner Sicht bei Deep Thought ganz klar die Keys sich dominanter präsentieren und mehr Soli beisteuern dürfen. Ich finde aber gerade, wenn Marcel Oehler Arpeggi spielt, wie man es von Marillion her kennt, wie z.B bei Wrong Train, ist er in seinem Element. Der Schwachpunkt der Band bleibt der Gesang. Diese Tatsache ändert sich auch mit The Tunnel nicht. Aber ich hab in den letzten 10 Jahren soviele CD's rezensiert und Dinge gehört, da kann ich gut ein Auge zudrücken.

Die Geschichte ist natürlich eine gewagte Sache und die Umsetzung kein leichtes Unterfangen. Ich hab grossen Respekt vor Künstlern, die der schwierigen Aufgabe eines Konzeptalbums gegenüberstehen. Die Band schafft es aber diese bedrückte und auch düstere Handlung in Musik auszudrücken. Auch die Texte und die Hoffungslosigkeit kommen an einigen Stellen sehr überzeugend rüber. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass der Schluss düsterer und vertrackter, vielleicht auch schmerzvoller ausgefallen wäre. Der Ausgang der Geschichte ist ja alles andere als glücklich. Paradoxerweise gefallen mir aber die letzten beiden Tracks sehr gut und das ganze erinnert mich sogar etwas an die nicht mehr existenten Schweden von Twin Age.

Ein Doppelalbum mit über 100 Minuten Spielzeit erfordert natürlich viel Aufmerksamkeit und Geduld. Für mich als Zuhörer wird da die Grenze des Ertragbaren etwas überschritten. In den letzten Jahren musste ich einfach feststellen, dass ein Album mit 45 - 50 Minuten Spielzeit mehr Befriedigung bietet. Trotz allen kann ich der Band gratulieren, dass sie schlussendlich dieses Album fertig gestellt und veröffentlicht haben. Die Texte zum Album lassen sich übrigens auf der Deep Thought-Website ansehen unter der Rubrik "Musik". NeoProg Fans sollten durchaus mal The Tunnel antesten. Gerade die Musik dürfte Fans von IQ, Pendragon, Clepsydra, Pallas etc ansprechen.

The Tunnel kann man bei Deep Thought auf www.deepthought.ch erwerben, ist aber auch digital u.a bei iTunes erhältlich

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