Rezensionen - The Tunnel
Siggy Zielinski Babyblaue Progressive Rock Reviews
"The Tunnel" wurde in den vorausgegangenen zehn Jahren in der verbleibenden freien Zeit erstellt, heißt es auf dem Cover.
Das Quintett Deep Thought aus der Schweiz wagt sich mit seinem zweiten regulären Album gleich an ein ambitioniertes Konzept heran. Als literarische Inspiration diente nämlich "Der Tunnel", eine Kurzgeschichte von Friedrich Dürrenmatt, die bekanntlich von einer aussichtslosen Situation in einem rasenden führerlosen Zug handelt.
Da Deep Thought immer noch weitgehend bei dem traditionellen symphonischen Neoprog-Sound bleiben möchten, bestand also die gar nicht so leichte Aufgabe darin, innerhalb von diesem stilistischen Rahmen die unheimliche und verstörende Lage in dem Zug wiederzugeben.
Diese schwierige Aufgabe wurde von Deep Thought meistens ganz gut gelöst. Klanglich und spieltechnisch wirkt die Band - allen voran die oft bestimmenden Tasteninstrumente - meist ziemlich spartanisch und alles andere als auffallend virtuos, oder verspielt, was - Zufall, oder nicht - gut zu den Texten passt. "The Tunnel" hat trotzdem mehrere hörenswerte rhythmische und melodische Einfälle zu bieten und die leicht finstere Stimmung der Songs entspricht wie gesagt dem textlichen Konzept. Als hätte man sich mit der ausweglosen Situation abgefunden, scheint sich die Stimmung gegen Endes des Doppelalbums aufzuhellen. So ist beispielsweise "Back to the Train" recht temporeich und optimistisch geraten.
Der Sänger wirkt auf mich stellenweise - vor allem auf der ersten CD - recht unsicher und seine ungewöhnliche Stimmfärbung hat sich bereits in der Vergangenheit für einige als gewöhnungsbedürftig erwiesen. Seine Art der Interpretation variiert auch stark, was in einem Zeitraum von über zehn Jahren durchaus verständlich ist.
Ich mag übrigens Doppelalben mit deprimierenden und unheimlichen Konzepten, wie z.B. "The Wall", oder "The Lamb Llies down on Broadway". Wahrscheinlich mag ich deswegen auch "The Tunnel". Was nicht heißen soll, dass Deep Thought mit dem vorliegenden Album die Klasse von den zwei eben genannten "Klassikern" des Genres erreicht haben.
"The Tunnel" dürfte vor allem für diejenigen interessant sein, die hören möchten, wie auf einem Neoprog-Konzeptalbum eine unheimliche Kurzgeschichte von Friedrich Dürrenmatt umgesetzt wird. Da treffen mit einem interessanten Ergebnis zwei Welten aufeinander. Vor allem die IQ-Sympathisanten könnten daran ihren Gefallen finden.
Daniel Eggenberger proggies.ch - Das Schweizer Progressive Rock Portal
Als Schweizer hat man in der Schule fast obligatorisch die eine oder andere Lektüre des Friedrich Dürrenmatt durchgenommen. Die Kurzgeschichte Der Tunnel, kannte ich allerdings bisher nicht, und das ist erstaunlich, denn als Bahnfan müsste ich doch darüber mal gestolpert sein. Nun ja. Mit dem Thema hat sich auch die Schweizer Formation Deep Thought aus Basel in den vergangenen 10-12 Jahren beschäftigt. So lange ist es nämlich her, als man mit Somewhere In The Dark ein letztes Lebenszeichen von sich gegeben hatte. Das Berufsleben sowie die privaten Verpflichtungen zwingen eben manchmal, das Hobby hinten anstehen zu lassen. Dass die neue CD allerdings jemals fertig werden würde, daran hatte auch ich Zweifel, vorallem schon deshalb, weil sich die Band ziemlich verdeckt hielt. 2014 ist es nun tatsächlich soweit und mit The Tunnel, basierend auf besagter Kurzgeschichte Dürrenmatts, hat man gleich ein Doppelalbum am Start.
Die CD beginnt dann auch gleich mal mit einem Leckerbissen in Form der instrumentalen Overture in bester Subterranea-Manier. Dieser instrumentale Track hat die Band in der Tat sehr gut hingekriegt und zählt für mich zu den Highlights von Deep Thought. Sowieso können die Jungs an ihren Instrumenten am besten brillieren und zeigen auf, dass sie von ihren Vorbildern viel gelernt haben. Vorallem Dominik Pfleghaar an den Keyboards beeindruckt mich mit seiner grossartigen Vielfalt an Sounds, die er immer zur richtigen Zeit zur Stelle hat. Tony Banks dürfte sicher zu seinen Idolen zählen. Auch die Gitarrenarbeit von Marcel Oehler muss man positiv werten, obschon aus meiner Sicht bei Deep Thought ganz klar die Keys sich dominanter präsentieren und mehr Soli beisteuern dürfen. Ich finde aber gerade, wenn Marcel Oehler Arpeggi spielt, wie man es von Marillion her kennt, wie z.B bei Wrong Train, ist er in seinem Element. Der Schwachpunkt der Band bleibt der Gesang. Diese Tatsache ändert sich auch mit The Tunnel nicht. Aber ich hab in den letzten 10 Jahren soviele CD's rezensiert und Dinge gehört, da kann ich gut ein Auge zudrücken.
Die Geschichte ist natürlich eine gewagte Sache und die Umsetzung kein leichtes Unterfangen. Ich hab grossen Respekt vor Künstlern, die der schwierigen Aufgabe eines Konzeptalbums gegenüberstehen. Die Band schafft es aber diese bedrückte und auch düstere Handlung in Musik auszudrücken. Auch die Texte und die Hoffungslosigkeit kommen an einigen Stellen sehr überzeugend rüber. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass der Schluss düsterer und vertrackter, vielleicht auch schmerzvoller ausgefallen wäre. Der Ausgang der Geschichte ist ja alles andere als glücklich. Paradoxerweise gefallen mir aber die letzten beiden Tracks sehr gut und das ganze erinnert mich sogar etwas an die nicht mehr existenten Schweden von Twin Age.
Ein Doppelalbum mit über 100 Minuten Spielzeit erfordert natürlich viel Aufmerksamkeit und Geduld. Für mich als Zuhörer wird da die Grenze des Ertragbaren etwas überschritten. In den letzten Jahren musste ich einfach feststellen, dass ein Album mit 45 - 50 Minuten Spielzeit mehr Befriedigung bietet. Trotz allen kann ich der Band gratulieren, dass sie schlussendlich dieses Album fertig gestellt und veröffentlicht haben. Die Texte zum Album lassen sich übrigens auf der Deep Thought-Website ansehen unter der Rubrik "Musik". NeoProg Fans sollten durchaus mal The Tunnel antesten. Gerade die Musik dürfte Fans von IQ, Pendragon, Clepsydra, Pallas etc ansprechen.
The Tunnel kann man bei Deep Thought auf www.deepthought.ch erwerben, ist aber auch digital u.a bei iTunes erhältlich
Volkmar Mantei Ragazzi - Website für erregende Musik
Über 10 Jahre haben Deep Thought, Dominik Pfleghaar (keys, schönster Nachname), Dominik Rudmann (b, pedals), Marcel Oehler (g), Lukas Reinhard (dr) und Pat Merz (voc) an "The Tunnel" gearbeitet. 21 Songs sind dabei herausgekommen, auf zwei CDs verteilt. Zu hören ist ein sehr schöngeistiger, hochmelodischer Progressive Rock mit starken Neo- und einigen Retro-Tendenzen, der auf liedhafte Vokalparts und ausdrucksstarke Instrumentalarbeit setzt. Die einzeln anwählbaren Songs laufen zwischen 1:37 und 8:14 Minuten, können auf der einen Seite sehr eingängig und leichtfüßig sein, auf der anderen Seite durch ideereiche Soli und überzeugende instrumentale Arrangements gefallen.
Das ausgefeilte Konzeptalbum geht auf eine Kurzgeschichte des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) zurück. Beeindruckend, dass Deep Thought, und das verrät der Bandname bereits, diese große musikalische Geschichte aus der kurzen literarischen Geschichte entwickelten. Leider sind die in englischer Sprache gesungenen Texte nicht im Booklet abgedruckt, doch auf der Bandwebseite sind die Lyrics (in englischer Sprache) nachzulesen.
Viele Trademarks des Neoprog werden im Laufe der 51:53 + 60:01 Minuten Laufzeit des Konzeptwerkes deutlich. Doch dies nicht allein. Deep Thought haben ihren eigenen Stil. Dazu zählt neben der instrumentalen Finesse samt reicher Arrangements (auch im vokalen Bereich) ein Faible für überzeugende Gesangslinien, die indes meiner Meinung nach in einigen Fällen etwas "überdehnt" scheinen, was aber sehr selten auffällt.
Tipp für ein großes, symphonisch schöngeistiges Werk!